Feedback - ein Tutorial für Führungskräfte

Feedback – ein Tutorial für Führungskräfte

Kennen Sie den Shitburger? Nein?
Der Shitburger wird gerne von Führungskräften genommen, damit der Mitarbeiter sich gut fühlt,
wenn er Rückmeldung bekommt. Eigentlich geht es darum, dass die Führungskraft sich dabei gut fühlt.

Sie wollen wissen wie der Shitburger „zubereitet“ wird ?

 Also, Sie fangen mit einer positiven Rückmeldung an, gehen dann zum kritischen Feedback über und schließen mit einer positiven Rückmeldung ab.

 Das hört sich dann so an: „Sie wissen ja, dass Sie einer meiner besten Mitarbeiter sind und ich im Großen und Ganzen mit Ihrer Leistung zufrieden bin (= positive Rückmeldung). Nur Ihre Teamfähigkeit, mein Lieber, die lässt wirklich zu wünschen übrig. Wie Sie letzte Woche mit unserem Neuzugang gesprochen haben, das geht gar nicht. Diese Art von Umgang möchte ich in meinem Team nicht haben (=negative Rückmeldung). Das verstehen Sie doch? Arbeiten Sie an sich. Sie können das, das weiß ich. Da glaube ich ganz fest an Sie! (=positive Rückmeldung)“

 Klingt doch gut, denken Sie sich. Was soll das mit dem Shitburger?

 Nun versetzen Sie sich doch bitte in die Position des Mitarbeiters:

Wie fühlen Sie sich nach so einer Rückmeldung?

Wahrscheinlich nicht besonders gut, da bleibt ein ungutes Gefühl zurück. Und so genau, was Sie jetzt anders machen sollen, wissen Sie auch nicht. Was genau hat Ihren Chef denn gestört? Bezieht er sich auf Ihr Gespräch mit der neuen Kollegin an der Kaffee-Ecke, wo Sie ihr ein Kompliment gemacht haben? Oder auf den kurzen Disput mit ihr über den Einfluss von Social Media auf Ihre Arbeit in der Teambesprechung? Und diesen Schmus mit „Sie sind einer meiner besten Mitarbeiter“ kann er sich wirklich schenken. Macht er doch immer so, wenn er eine unangenehme Rückmeldung hat.

 Sie beschließen, der neuen Kollegin aus dem Weg zu gehen. Sollte Ihr Chef das nächste Mal etwas Nettes über Sie sagen, dann wissen Sie jetzt aus Erfahrung, da kommt ein dicker Klops nach.

 

Nun sind Sie wieder Führungskraft: Wollten Sie diese Reaktion bei Ihrem Mitarbeiter erreichen? Nein?

Gut, hier ein paar Vorschläge, wie Sie es besser machen können:

Feedback-Routine: Machen Sie Feedback zu einem festen Bestandteil Ihrer Führungstätigkeit. Einmal im Jahr im Rahmen eines Mitarbeitergesprächs ist definitiv zu wenig und bereitet allen Beteiligten Kopfzerbrechen (siehe meinen Artikel „Feedback – alltagstauglich). Feedbacks zwischen Tür und Angel, so mal kurz auf dem Flur auf dem Weg zur Kantine, ist ebenfalls keine Option.

Deshalb: Besprechen Sie das Thema mit Ihrem Team, fragen Sie Ihre Mitarbeiter nach deren Bedürfnis nach Feedback. So können Sie im besten Fall gemeinsam Ideen entwickeln, wie Sie zusammen Feedback in Ihren Teamalltag integrieren. 

 Positives Feedback: Trennen Sie die unheilvolle Allianz von positivem Feedback als Auftakt zu einer kritischen Rückmeldung. Sie entwerten damit die Kraft der positiven Rückmeldung, wenn Ihre Mitarbeiter das Muster „positive Rückmeldung als Overtüre für kritische“ gelernt haben.

„Catch someone doing something right“ – diese Empfehlung von Ken Blanchard (Autor von „one minute manager“) hat mich schwer beeindruckt, weil sie mir meine eigene Haltung bewusst gemacht hat, die da hieß, „jemanden dabei zu erwischen, dass er etwas falsch macht“. Das war die Kultur in der ich aufgewachsen bin (siehe meinen Artikel „Feedback – alltagstauglich“).

Positive Rückmeldung ist ebenso kraftvoll wie kritische Rückmeldung, mit dem Unterschied, dass der Empfänger des Feedbacks ein positives Gefühl hat, sich bestärkt fühlt und gewillt ist, das verstärkte Verhalten wieder zu zeigen. Dazu gibt es vielfältige Forschung in der Psychologie, z.B. Behaviorismus

Deshalb: Identifizieren Sie eine konkrete Situation, z.B. das regelmäßige Team-Meeting. Nehmen Sie sich für dieses Meeting vor, eine Verhaltensweise eines Ihrer Teammitglieder positiv zu verstärken, vielleicht mit einem „das ist ein kreativer Vorschlag, Herr Meier“. Warum nur eine positive Rückmeldung? Na ja, wenn Sie jetzt auf einmal die Zahl Ihrer Rückmeldungen für Ihre Mitarbeiter überraschend erhöhen, fragen die sich sofort, was denn mit Ihnen los sei und was das nun zu bedeuten habe.

 Feedforward: Ihnen gefällt die Idee der positiven Rückmeldung? Dann versuchen Sie „Feedforward“. Während sich Feedback auf ein Verhalten in der Vergangenheit bezieht, fokussiert das Feedforward auf zukünftiges Verhalten. Ein Feedforward in unserem Beispiel könnte so lauten: „Wenn Sie morgen mit der neuen Kollegin unseren Kunden XY besuchen, dann nehmen Sie sich bitte ausreichend Zeit, um sie auf das Meeting vorzubereiten. Erläutern Sie Ihr bitte unsere Philosphie im Umgang mit Kunden, informieren Sie sie bitte über unsere Historie mit dem Kunden und …..“

Merken Sie den Unterschied zum Feedback? Feedforward zeigt Entwicklungsmöglichkeiten auf, es gibt dem Mitarbeiter die Chance, sich auszuprobieren und Ihnen die Möglichkeit, mit Ihrem Mitarbeiter im Kontakt zu bleiben über seine gemachten Erfahrungen und seine Entwicklung

Deshalb: Wählen Sie einen Ihrer Mitarbeiter aus. Identifizieren Sie ein Verhaltensfeld (z.B. Gespräch mit einem Kunden), in dem Ihr Mitarbeiter Entwicklungspotenzial hat. Was muss er genau in diesem Verhaltensfeld tun, um Ihre Erwartung zu treffen?

 Qualität: Je genauer Ihr Feedback dem Mitarbeiter beschreibt, auf welches Verhalten in einer bestimmten Situation Sie sich beziehen, desto besser kann der Mitarbeiter nachvollziehen, was Sie meinen. Das gleiche gilt für das Feedforward. Je genauer Sie dem Mitarbeiter das Verhalten beschreiben, das Sie sich von ihm wünschen, um so größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Mitarbeiter das auch umsetzt.

Natürlich führt das zu Diskussionen, aber genau das wollen Sie doch, oder? Einen lebendigen Dialog, in dem Sie sich mit Ihrem Mitarbeiter über Selbst- und Fremdwahrnehmung auseinandersetzen, in dem Sie beide mehr übereinander erfahren, was Ihnen beiden wichtig ist, worauf Sie beide Wert legen, was Sie voneinander erwarten.

Deshalb: Sammeln Sie an einem Tag positive Verhaltensbeispiele für eine wichtige Person Ihres beruflichen Alltags. Sichten Sie am Ende des Tages Ihre Verhaltensbeispiele und entscheiden Sie sich für eine konkrete positive Rückmeldung, die Sie möglichst zeitnah, z.B. am nächsten Tag geben. Das könnte sich so anhören: „Herr Meier, gestern bei unserem gemeinsamen Kundenbesuch ist mir aufgefallen, wie leicht es Ihnen gelingt, mit anderen Menschen in Kontakt zu treten. Herr Schmidt von unserem Kunden XY gilt als schwierig. Sie haben gleich zu Beginn des Gesprächs guten Small Talk gemacht, Herr Meier wurde locker und im Verlauf des Gesprächs haben Sie eine vertrauensvolle Atmosphäre etabliert. Das war wirklich toll!“

 Zeit: Natürlich kostet das Zeit, die Sie nicht haben. Wie oft, glauben Sie, höre ich diese Aussage von meinenTeilnehmer? Die klingt meist so: „mir ist vollkommen klar, wie wichtig das alles ist, und ich habe mir das schon so oft nach einer Schulung vorgenommen. Aber das klappt einfach nicht, dafür ist einfach keine Zeit?“ Ach, ja?

Ich bezweifle gar nicht, dass Sie viel zu tun haben, dass Sie ein gefragter Mann oder eine wichtige Frau in Ihrem Unternehmen sind. Aber seien wir mal ehrlich, wenn Sie es wirklich wollten, dann würden Sie die Zeit finden, stimmt’s? Sie haben ja auch die Zeit mit Ihrem Kollegen jeden Tag eine halbe Stunde über Fußball zu reden (seine Gewogenheit ist Ihnen wichtig) oder mit Mitarbeiter XY lang und breit über die Bits and Bytes eines kürzlich entwickelten Programms zu diskutieren (es interessiert Sie einfach, außerdem müssen Sie ja Bescheid wissen, damit Sie vor Ihren Vorgesetzten Rede und Antwort stehen können, wenn die Sie darüber befragen). Und dieser ganze Psychokram, der bringt doch eh nichts oder wenn dann nur Ärger.

Deshalb: Interviewen Sie in Ihrem Verwandten- oder Freundeskreis zwei oder drei Menschen über deren Erfahrungen mit Rückmeldungen (positive, kritische, Häufigkeit, Qualität, Situationsangemessenheit, Zeitnähe….) in deren beruflichen Alltag. Fragen Sie, was sie sich von ihren Vorgesetzten wünschen. Vielleicht überzeugen Sie diese Antwort, sich Ihre Zeit so zu organisieren, dass Feedback/Feedforward Bestandteil Ihrer Führungsarbeit wird.

Und haben Sie Mut, mir Rückmeldung zu geben! Ich bin an Ihren Erfahrungen interessiert und freue mich über den Austausch mit Ihnen. Herzlichen Dank für Ihr Interesse!